Zugegeben: Es macht bis zu einem gewissen Punkt richtig Spaß sich für den größten Unglücksraben auf Gottes grüner Erde zu halten. Doch wenn dieses Verhalten vom Zeitvertreib zur eigenen Identität wird, wird es knifflig. Wer kennt nicht diese ewig jammernden Zeitgenossen, die sich über ihre Probleme definieren. Sie geben sich häufig durch Merksätze wie „Frag mich nach Sonnenschein.“ oder „Ach, das verstehst du nicht“ oder „Ich will jetzt nicht darüber reden“ zu erkennen und beantworten die Frage, wie es ihnen geht entweder mit einem missmutigen Grunzen oder mit einem kläglichen „Och, geht so.“ und wenn man sie daraufhin pflichtbewusst fragt, was der andere denn habe heißt es: „Nichts.“
Jeder Mensch hat nur bis zu einer bestimmten Grenze Mitleid zu verteilen. Wobei ich hier nicht das Mitgefühl meine, denn das kann man Jammerlappen schwer entgegenbringen, da sie einem ja nie konkret sagen, was ihnen fehlt. Und man kann nicht für etwas Verständnis und Mitgefühl aufbringen, von dessen Existenz man nicht weiß. Jedenfalls ist dieses Kontingent an Mitleid irgendwann aufgebraucht und man verliert ein wenig die Geduld, die Trauerklöße zu betüddeln.
Irgendwann ist nun eben auch mal gut.
Die logische Konsequenz wäre nun, dass unsere depressionsaffinen Mitmenschen ins Grübeln kommen und sich überlegen: Nanu, der bemitleidet mich gar nicht mehr. Warum? Ist mein Problem, das ich habe, wirklich unlösbar?
Aber nein, wenn die anderen die Geduld verlieren, bestätigt das den guten Problemwälzer noch in seiner pessimistischen Weltanschauung. Dann heißt es nicht, Mensch, vielleicht hat der andere ja recht, nein, es heißt: Menno, alle sind sie gemein zu mir, keiner hat mich lieb, keiner versteht mich, ich bin ja so allein auf dieser Welt, etc.
Und da man die Nervenstränge seiner Mitmenschen schon zersägt hat, bleibt einem nur noch das Selbstmitleid. Da wird sich dann darin gesuhlt und es wird darin herumgeplanscht, das es eine Freu- äh eine Trauer ist. Unsere Kinder von Traurigkeit merken während ihres Selbstmitleidbades gar nicht, wie ihre Problemchen allmählich zu ihren einzigen noch übrig gebliebenen Freunden werden und ihr eigenes Selbstmitleid die einzige menschliche Wärme, die sie empfangen. Fortan klammern sie sich an diese beiden Faktoren, halten sie für die wesentlichen Eckpunkte ihrer Persönlichkeit und fühlen sich durch jegliche Lösungsvorschläge, die ein paar unverbesserliche Optimisten noch vorbringen mögen, persönlich beleidigt. Sie denken dann, ihre Schwarzseherei sei eine liebenswerte Macke, doch das ist sie nicht. Sie ist einfach nur unerträglich.
Dabei wäre es doch so einfach, den Selbstmitleids- und Problemwälzer-Teufelskreis zu durchbrechen. Einfach kurz innehalten, sich umschauen, kurz über sein Verhalten nachdenken und: es ändern.
10. März 2012 um 15:20 |
[…] nervige Single-Männer, nervige Single-Frauen, hört auf zu jammern und euch selbst zu bemitleiden und allen außer euch die Schuld für euer Alleinsein aufzubrummen und geht einfach mal raus, […]
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5. April 2012 um 13:10 |
[…] aus den Bereichen Politik, Gesellschaft, Beziehungen und menschliche Eigenarten. « Essai 16: Über Problemwälzerei und Selbstmitleidgesuhle Essai 18: Über Dinge, die umsonst sind […]
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13. April 2012 um 13:06 |
[…] Irgendwann wird man das nicht mehr los und dann wird man zum Miesepeter, auch bekannt als Grummel Griesgram, Stinkstiefel und Meckerpott – und das sind nur die Synonyme die mir gerade spontan einfallen. Dann kann man sich irgendwann über gar nichts mehr wirklich freuen und steckt seine Mitmenschen damit an. Eh man sich versieht hat man dann einen Haufen Trauerklöße (noch ein Synonym) um sich, die sich gegenseitig runterziehen und in Selbstmitleid versinken. Was ich von übermäßigem Selbstmitleid halte, habe ich ja schon geschrieben. […]
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19. April 2012 um 20:32 |
[…] so ganz immun gegen Selbstmitleid bin ich dann doch nicht. […]
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1. Juli 2012 um 12:31 |
[…] Spaniern platt gemacht und die Deutschen nun von den Italienern im Halbfinale. Also wenn hier einer Grund zum Jammern hat, dann bin ich das (und meine deutschfranzösischen Artgenossen). Ehrlich gesagt, ist mir meine […]
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13. Juli 2012 um 12:38 |
[…] sondern ganz allgemein. Wenn ich zum Beispiel mit der inneren Überzeugung durch die Gegend trotte, keiner habe mich lieb, immer hätte ich Pech und sowieso sei alles scheiße und die Welt schlecht und alle gemein zu mir, dann kann mich kein […]
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23. März 2014 um 13:42 |
[…] eine Therapie machen, anstatt den Eltern Vorwürfe und sich selbst dem Schicksal zu ergeben und im Selbstmitleid zu suhlen. Oder die Kindheit war ganz normal schlimm wie bei jedem anderen auch, dann soll man sich – […]
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9. Mai 2017 um 16:44 |
[…] Leuten damit auf den Keks. Die finden nämlich, ich würde jammern und wehklagen und mich an meinem Selbstmitleid ergötzen, was ich umgekehrt ja auch nicht gerade als unterhaltsam betrachte. Das Ding ist, von […]
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