Isa09 reloaded – Essai 43: Über Boshaftigkeit

Erstaunlicherweise habe ich zu diesem Thema bisher noch keinen Essai geschrieben. Das liegt möglicherweise daran, dass ich zu diesen unverbesserlichen, hoffnungslosen Naivlingen gehöre, die immer noch an das ominöse „Gute im Menschen“ glauben.

Und immer wieder werde ich eines Besseren belehrt und immer wieder falle ich auf gemeine, bösartige Menschen herein und immer wieder ärgere ich mich und immer wieder berappelt sich mein gutgläubiges Weltbild wieder, nur um beim nächsten Mal mit noch größerer Grausamkeit zerstört zu werden.

Es fängt ja schon damit an, dass man Gutgläubigkeit, Naivität, Freundlichkeit, Nettigkeit, Vertrauensseligkeit und Großzügigkeit automatisch mit Dummheit und Schwachmatentum assoziiert. Boshaftigkeit hingegen verlangt nach Intelligenz. Durchtriebene, hinterhältige, gemeine Schufte werden nie als Vollidioten dargestellt. Wer ist wohl schlauer, Lex Luthor oder Superman? Obelix oder Cäsar? Die 101 Dalmatinerwelpen oder Cruella Deville?

Aber warum ist das so? Warum können die Menschen nicht einfach fair und freundlich miteinander umgehen und ehrlich miteinander sein? Damit meine ich echte Ehrlichkeit, nicht diese Pseudo-Ehrlichkeit, die nur dazu dient, sich mit seinen vorgefertigten Meinungen zu profilieren und alle anderen Menschen als Dummdödel hinzustellen. An dieser Stelle wird der geneigte Leser wahrscheinlich sarkastisch aufgelacht und sich gedacht haben „Wie kann man nur so etwas Kindisch-bescheuertes fragen?“

Und genau DAS ist der Punkt. Das ist schon wieder so ein Meta-Diskurs, der nicht infrage gestellt wird. Es ist nunmal eben einfach so, dass gutmütige Menschen weltfremde Idioten sind, die man nicht alleine auf die Straße lassen darf, weil sie sich dann gleich wieder ein Zeitschriften-Abo andrehen lassen, das überhaupt nicht umsonst war und auch rein gar nichts mit arbeitswilligen Jugendlichen zu tun hat, die von der Gesellschaft eine letzte Chance bekommen sollen, nachdem sie nach wiederholter Straffälligkeit nun leuterungsbereit sich in die sozialen Strukturen zu reintegrieren suchen. Die Abzocker-Arschlöcher, die ebendieses Abo an mittellose Studenten verscherbeln, werden zwar als Arschlöcher angesehen, aber eben doch als intelligent und klug. Dabei ist das einfach nur gemein!

Insgeheim aber bemitleiden wir den armen Schwachkopf, der auf solche krummen Touren hereinfällt. Und zwar auf eine süffisante, selbstgefällige Art und Weise, mit der festen Überzeugung, dass wir selbst niemals so blöd wären, uns von so einem offensichtlichen Quatsch übertölpeln zu lassen. Vielleicht bewundern wir sogar die Abzocker-Satanisten, weil wir selbst doch noch einen Rest Anstand besitzen und so wohl nie zu Reichtum kommen werden.

Was aber verrät das über den Zustand unserer Gesellschaft?

P.S. (Ergänzung am 21.12.2010):

Die Schweine, die mich mit der Abo-Abzocke auf der Straße verarscht haben, haben nach über einem Jahr doch tatsächlich Eingang in die Warnhinweise der Verbraucherzentrale gefunden: http://www.vzhh.de/recht/106241/ende-der-maerchenstunde.aspx

Schön, dass da endlich mal was passiert. Jedenfalls kann ich nur jedem raten, unter keinen Umständen irgendetwas auf der Straße zu unterschreiben, ganz egal wie unschuldig, lieb und nett die jungen Leute wirken, die einem eine rührselige Geschichte auftischen. Lieber fragen, ob man sich etwas mit nach Hause nehmen und in Ruhe durchlesen kann. Und wenn sie nein sagen, ist das schon mal suspekt. Übrigens ist es nicht nur der VSR-Verlag, der mit dieser Drücker-Masche arbeitet, da gibt es ganz viele, die nicht nur auf der Straße, sondern auch am Telefon mit Gewinnspielen locken. Für gewöhnlich wird einem dann auch noch so ein bescheuerter Urlaubsgutschein auf’s Auge gedrückt, den man gar nicht will und den man auch nicht wirklich gebrauchen kann, weil die Bedingungen komisch sind. Das läuft meistens alles in der PVZ – der Presse Vertriebszentrale – zusammen. Der VSR-Verlag zum Beispiel hat in seinem Anschreiben an mich nur die Kontaktdaten der PVZ vermerkt und als ich dort angerufen habe, wurde ich unfreundlich abgewatscht mit dem Hinweis, ich hätte den Vertrag unterschrieben und damit Basta! Und die Seite, die angeblich vom VSR-Verlag stammt, führte nur auf eine weitere dubiose Seite und der Typ am anderen Ende der Leitung gab patzig vor, er wüsste von nichts.

Ich bin jetzt zu dem Schluss gekommen, wenn ich überhaupt noch Zeitschriften abonniere, dann direkt bei der Zeitschrift selbst und nicht über Zweit- und Drittanbieter.

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5 Antworten to “Isa09 reloaded – Essai 43: Über Boshaftigkeit”

  1. Isabelle Dupuis Says:

    À propos, ich habe ja gar nicht geschrieben, wie ich aus der Sache wieder rausgekommen bin. Ich hatte nämlich die Abzocke erst nach Ablauf der 15-tägigen Kündigungsfrist bemerkt, als es eigentlich schon zu spät war.

    Ich habe die Leute vom VSR-Verlag und von der PVZ einfach mit Einschreiben (mit Rückschein) meiner Kündigung bombardiert, den Vorgang geschildert, dass ich arglistig getäuscht wurde, etc. Nachdem das etwa dreimal hin und her gegangen war, habe ich schließlich geschrieben, ich würde rechtliche Schritte einleiten, wenn ich nicht innerhalb einer Woche die Bestätigung meiner Kündigung schriftlich hätte. Dann bin ich zur ÖRA (öffentliche Rechtsauskunft) gegangen.

    Und obwohl die Anwältin mir gesagt hatte, unterschrieben sei unterschrieben, da könne man nichts machen, hat die PVZ mir dann doch ein Standard-Schreiben geschickt, in welchem es hieß, mein Abo sei gekündigt. Die haben das wahrscheinlich tonnenweise im Vordruck, dieses Standard-Schreiben.

    Also, ich hab wohl riesiges Glück gehabt.

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  2. Essai 63: Über unhöfliche Weltverbesserer und Gutmenschen ohne Manieren « Isa09 – Angry young woman Says:

    […] Helden der Selbstlosigkeit belagert werde und sich nicht selten herausstellt, dass sich durchaus unlautere Absichten hinter der jovialen Art verbergen und man sich hinterher mit Einschreiben und Anwälten […]

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  3. Essai 77: Über chronische Entschuldigeritis und Rechtfertigungszwang « Isa09 – Angry young woman Says:

    […] wäre ich schon ganz gerne ein bisschen bösartig. Nicht durch und durch wie so ein fieser Filmbösewicht, nur ein bisschen, gerade so eben, dass ich […]

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  4. kunigundeblog Says:

    Liebe Isa, ich glaube – um Bezug zu deinem Essai zur Boshaftigkeit zu nehmen – dass nicht entscheidend ist, ob du böse bist oder nicht, denn böse und miese Gedanken hat jede(r) und durchsetzten kann dies auch jede(r), jedoch ein Gewissen hat nicht jede(r) bzw. kein Gewissen zu haben kann nicht jede(r) von sich behaupten. D.h., dass jemand, der einen Gerechtigkeitssinn verspürt und mit-fühlen kann, ist nicht so leicht rumzukriegen, Unrecht zu tun, wohingegen jemand, der kein Gewissen hat oder ein nicht so ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hat, es nicht so ernst nimmt, wenn er Unrecht tut, weil es ihm nicht so bewusst ist und er nicht in der Lage ist, den Wert seiner Untat zu schätzen. Dies dazu. LG., Kunigunde

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  5. Essai 91: Über selbsterfüllende Prophezeiungen « Isa09 – Angry young woman Says:

    […] und meinen Mitmenschen so lange wohlwollend begegne, bis sie mir konkret irgendwas getan haben (zum Beispiel mir ein beschissenens Zeitschriften-Abo unterjubeln), dann werde ich merken, dass die meisten Menschen einem ebenfalls freundlich begegnen und nicht […]

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